Auszug Forum Sanitas 1/2012 - page 2

schriften über die vorherige Einwilligung
nach Aufklärung sowie über die Mittei-
lung der Ergebnisse und die Verwen-
dung und Vernichtung der Proben ent-
sprechende Anwendung finden.
Das Gendiagnostikgesetz ist jetzt seit
ca. 2 Jahren in Kraft. Zu keinem Fachbe-
reich gibt es mehr Veröffentlichungen
der GEKO, als zur Abstammungsbegut-
achtung (vier Mitteilungen und eine
Richtlinie). Dies rührt daher, dass das
Vorgehen bei humangenetischen Frage-
stellungen ein vollkommen Anderes ist,
als bei Abstammungsgutachten. Daraus
resultiert der große Erläuterungsbedarf
der gesetzlichen Vorgaben. Der wich-
tigste Unterschied zum Vorgehen bei hu-
mangenetischer Diagnostik ist die Defi-
nition der „verantwortlichen Person“ im
Gegensatz zum behandelnden Arzt.
„Somit ist die verantwortliche ­Person
für die Durchführung der Aufklärung
nach § 17 Abs. 1 GenDG und ­ihre in­
haltliche Dokumentation sowie die
Einholung der Einwilligung verant­
wortlich und nimmt auch die Unter­
suchung zur Klärung der Abstam­
mung vor.“
(5. Mitteilung der GEKO)
„Wenn es einer der zu untersuchen­
den Personen aus praktischen Er­
wägungen (z. B. Entfernung, Alter,
­Gesundheitszustand) nicht zugemu­
tet werden kann, die verantwortliche
Person persönlich aufzusuchen, kann
die verantwortliche Person eine ge­
eignete sachkundige und im Verfah­
ren neutrale Person mit der objek­
tiven Feststellung der Identität sowie
der Entnahme der genetischen ­Probe
beauftragen. Damit ist es nicht zuläs­
sig, dass die Probenentnahme und
Identitätsfeststellung durch die zu
untersuchende Person selbst oder ei­
ne ihr nahestehende Person durchge­
führt wird.“
(5. Mitteilung der GEKO)
„Die objektive Feststellung der Iden­
tität der Personen und Proben stellt
einen unverzichtbaren Bestandteil
­einer sachgerechten Abstammungs­
untersuchung dar“.
(2. Mitteilung der
GEKO)
Fazit
Der Gutachter fungiert als verantwort-
liche Person. In dieser Eigenschaft darf er
die Probenentnahme an eine im Verfah-
ren neutrale Person delegieren. Die Ver-
antwortung für das Gutachten und die
Entnahme bleibt beim Gutachter. Pro-
benentnahmen für ein Abstammungs-
gutachten ohne eine im Verfahren neu-
trale Person (z. B. zu Hause durch die
Probanden mit dem Nachbarn als neu-
trale Person) sind nicht zulässig.
Labore, die Proben für Abstammungs-
gutachten untersuchen, müssen – im
Gegensatz zu den Laboren, die medizi-
nische Proben für humangenetische Pa-
rameter untersuchen – seit dem 1.2.2011
eine Akkreditierung nach DIN ISO 17025
für forensische Genetik besitzen. Da-
mit soll die Zuverlässigkeit der Abstam-
mungsgutachten gewährleistet werden.
Vor dem Inkrafttreten des ­GenDG konn-
ten Labore für Abstammungsanalysen
von jedermann betrieben werden. Als
Beispiel sei hier eine Berliner Architek-
tin genannt, die sich mit Vaterschafts-
analysen eine weitere Einnahmequel-
le erschloss. Aus den Reihen der GEKO
ist zu vernehmen, dass es mittelfristig
eine Ausbildung zum Fachgutachter für
Abstammungsgutachten geben soll, die
dann auch wie die Akkreditierung Pflicht
sein wird.
Das GenDG listet unter § 26 Bußgelder
auf, die bei Nichteinhaltung des Ge-
setzes fällig werden. Wer ein Abstam-
mungsgutachten ohne die erforderliche
Einwilligung vornehmen lässt, wird als
Vater, Mutter oder Kind mit bis zu 5.000
Euro Geldbuße belegt (die Verwaltungs-
behörde soll aber im Falle einer nach-
träglichen Zustimmung von der Ahndung
absehen). Sonstige Personen (wie z. B.
Großeltern) können mit einer Geldbuße
bis zu 50.000 Euro belegt werden.
Wer Untersuchungen zur Abstammung
ohne die erforderliche Einwilligung vor-
nimmt, kann mit einer Geldbuße mit bis
zu 300.000 Euro belegt werden. Es wird
deshalb in Deutschland kaum ein Gut-
achter bereit sein, ein heimliches Ab-
stammungsgutachten durchzuführen. In
einigen Ländern ist es hingegen ­legal
(z. B. Österreich), dass Proben ohne Zu-
stimmung der Probanden untersucht
werden können. Dies hat zu einem Pro-
bentourismus für heimliche Gutachten
(in Österreich „diskrete Abstammungs-
gutachten“ genannt) geführt. Das Risi-
ko für den Auftraggeber in Deutschland
dafür belangt zu werden, bleibt natür-
lich bestehen. Allerdings relativiert sich
für manchen Auftraggeber dieses Risi-
ko etwas, wenn man ein mögliches Buß-
geld von 5.000 Euro in Relation zu den
möglicherweise grundlos gezahlten Ali-
menten setzt.
In den Jahren 2011 bis 2015 wird die
sogenannte Generation der Erben vor­
aussichtlich um ca. 1,3 Billionen Euro
­reicher. Ist man nicht als Erbe direkt im
Tes­tament bedacht, muss man schon ei-
ne biologische Verwandtschaft nachwei-
sen, um eventuell auch in den Genuss
einer Erbschaft zu kommen. Hierzu ist
dann ein Abstammungsgutachten not-
wendig. Das GenDG regelt aber nur die
Erster Schritt der Analyse: DNA reinigen, z. B. automatisiert mit dem Maxwell
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16 System, Promega.
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Forum Sanitas – Das informative Medizinmagazin • 1. Ausgabe 2012
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